
Zusammenleben und Konflikte - Tier und Mensch
Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie ihre Tiere behandelt.
Mahatma Gandhi
Der Mensch ist das einzige Tier, das einzige Lebewesen, das alle Kontinente bevölkert. Er sieht sich über das “Tier sein” erhaben und beansprucht die alleinige Herrschaft über die Erde und all ihre Lebensräume.
Das Zusammenleben von Menschen und (anderen) Tieren sorgte schon immer für Probleme. Bereits vor 15.000 Jahren im Paläolithikum gab es gezähmte Haustiere und als die ersten Menschen sesshaft wurden, kam die Viehzucht im großen Stil auf. Wilde Tiere wurden gejagt und erlegt, doch weil es noch vergleichsweise wenige Menschen gab, die nur kleine Flächen für sich benötigten, blieb das Gleichgewicht der Natur intakt.
Heute ist die menschliche Weltbevölkerung um ein Vielfaches größer und breitet sich auf der Suche nach Wohnraum und Ressourcen immer weiter aus. Dabei entstehen unzählige Konflikte, wenn Menschen in den Lebensraum von Tieren eindringen und ihn zerstören oder die Tiere aus ihrem Lebensraum reißen. Es gibt auch positive Beispiele für ein gutes Zusammenleben. Vielerorts aber leidet die Natur unter den Taten von Menschen.
Ein Silberreiher - ein weißer Fleck inmitten von Dreck und Müll. Im alten Fischereihafen von Panama City liegen Ölteppiche undichter Motoren auf dem Wasser und Müllteppiche rundherum am Ufer. Kleinteile und Mikroplastik verschmutzen das Wasser und können versehentlich verschluckt werden, und in den leeren Plastikflaschen, Schnüren und alten Netzen können sich Tiere verfangen. Da es in Panama kein Pfandsystem gibt, landen alle Flaschen im Müll - oder eben in der Natur.
Auf einer Insel in der Karibik, auf der Scharlacharas nicht natürlich vorkommen, steht auf Stelzen in einer flachen Lagune ein kleines, schlichtes Hotel. Dieses Hotel hatte wildgefangene Scharlacharas importiert, mehrere Paare, die dort freigelassen wurden. Zwar waren sie in ihrer Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkt, aber sie wurden so angefüttert, dass sie irgendwann darauf angewiesen waren. Heute ist das Hotel eine Bruchbude und wird nicht mehr betrieben. Fast alle Scharlacharas sind mittlerweile gestorben - nur dieser eine verbleibt. Die großen Papageien sind soziale Tiere, die in Gruppen zusammenleben. Dieser aber sitzt alleine, weit weg von den nächsten Artgenossen in einer Ruine (auf dem Foto in einer vermüllten Außentoilette auf einem Steg) und verkümmert langsam. Den Menschen, die ihn damals gekauft haben, ist er egal.
Seit über 370 Jahren ist die einst stolze, schottische Burg unbewohnt und verfallen. In der Ruine suchen nun Tiere Schutzplätze und Lebensraum. Hier haben Trauerbachstelzen (auf dem Foto das Männchen) ihr Nest in die von Erosion ausgehöhlte Sandsteinmauer gebaut.
Dieses Turmfalken-Weibchen nutzt ein Loch im Bogendurchgang eines römischen Amphitheaters als Unterschlupf - Ruinen sind beliebte Zufluchtsorte für viele Tiere.
Eine Waldeidechse überquert eine Straße - ein gefährliches Unterfangen mit häufig tödlichem Ausgang für kleine Echsen, aber auch für wandernde Amphibien und viele andere Tiere.
Kiebitz auf der Straße - anders als die kleinen Echsen kann er im Notfall schnell wegfliegen. Dennoch hat sich dieser hier dazu entschieden, die Straße zu Fuß zu überqueren.
Immer wieder liest man in Deutschland von Konflikten zwischen Menschen und Wildtieren. Der Wolf polarisiert dabei besonders, dabei geht es aber eher um Weidetiere. Mensch und Wolf begegnen sich hierzulande noch selten. Deutlich häufiger sind Begegnungen mit Wildschweinen. Viele Menschen haben Angst vor den massigen, grunzenden und erstaunlich schnellen Tieren. Die Schweine wiederum sind in Deutschland häufig und dringen insbesondere auf Nahrungssuche gerne in bewohnte Gebiete vor. Wie bei den meisten Wildtieren besteht aber kein Anlass zur Panik. Mit dem richtigen Verhalten ist die Begegnung keine gefährliche Situation, sondern ein eindrucksvolles Erlebnis.
Einige Vogelarten haben sich besonders gut an das Leben in der Stadt gewöhnt. In Europa sind vor allem Rabenvögel und Tauben fast überall anzutreffen. Auf diesem Foto aus Panama City halten Rabengeier das Hafenviertel besetzt. Sie sind in Mittelamerika ähnlich häufig zu sehen wie Rabenkrähen in Deutschland. Im Gegensatz zu Tauben und auch Krähen sind Rabengeier kaum zu vertreiben, nicht einmal kurzzeitig. Diese sehr häufigen Stadtvögel sind für die Menschen längst normal, aber nicht erfreulich. Besonders Tauben, aber auch Krähen und Geier sind unliebsam und werden als dreckig und störend empfunden. Doch wer ist hier in wessen Lebensraum eingedrungen?
Was der Mensch nicht mehr braucht, das nimmt sich die Natur zurück: Braunpelikane haben ein altes Fischerboot, das unbenutzt im alten Hafen liegt, gekapert und machen es sich bequem.
Turmfalken sind die häufigsten Greifvögel in städtischen Räumen. Beliebte Brutplätze sind beispielsweise Glockenstühle in Kirchtürmen, wo sie vor Nesträubern weitgehend geschützt sind. Hier hat sich ein Weibchen auf einer Straßenlaterne niedergelassen.
Stell dir vor, du bist in Mittelamerika. In einem tropischen Paradies, das von Menschen unbewohnt ist, weit entfernt von der nächsten Siedlung. An der Küste sollten nur ein paar Fischerboote unterwegs sein. Mit einem einheimischen Kapitän fährst du durch Lagunen und Buchten mit hunderten unbewohnten Inseln, verwinkelt und isoliert. Er bringt dich zu einer der kleineren Inseln, mit Sandstränden und Palmen, viele Kilometer von der Festlandküste entfernt - aber du bist nicht allein. Aus Lautsprecherboxen am Strand ertönt laute Partymusik. Zwischen zurückgelassenen Lagerfeuern, kiloweise Blechdosen und achtlos weggeworfenem Plastikbesteck feiern dutzende Menschen. Selbst nachdem der Lärm weg ist, bleibt der Müll. Nicht nur Dosen und Besteck: Auch Tüten, Leinen und alles Mögliche. Die Folgen sind unmittelbar: Am Rand des Geschehens verfängt sich ein Truthahngeier beim Landen in einer Plastikschnur. Von selbst wird er sie nicht los.
Naturbelassene Parks mit nicht asphaltierten, aber ausgebauten Wegen sind ein guter Ort für Begegnungen zwischen Mensch und Tier. Ein schönes Beispiel dafür ist der Parque Natural Metropolitano, der innerstädtische Regenwald von Panama City. Ein Rundweg lässt die Besucher in den dichten Dschungel eintauchen, während im Park selbst die Natur weitgehend sich selbst überlassen ist. Auf dem Foto: Eine neugierige Schlankanolis am Wegrand.
Menschen umzäunen ihr Land, um unerwünschte Tiere draußen und das eigene Vieh drinnen zu halten. Für bodenbewohnende Säugetiere stellen diese Zäune nicht selten ein Problem dar, weil sie Lebensräume und Reviere zerstückeln. Nur Vögel wie dieser Wiesenpieper können sich trotz Zäunen frei bewegen.
Rabengeier in einem Kirchturm von 1675. Offene Turmgeschosse bieten für Baumbrüter eine städtische Alternative und Schutz vor Raubvögeln. Sie sind aber gleichzeitig auch Brutplatz und Ansitz von Raubvögeln - Rabengeier sind keine reinen Aasfresser.
Ein nördlicher Gelbkopfkarakara sitzt auf einem Abwasserrohr am Panamakanal. Der Kanal ist ein extremes Begegnungsgebiet von Mensch und Tier: Vor seinem Bau floss hier nur der Río Chagres durch hügeligen Tiefland-Regenwald. Heute befindet sich dort der durch die Aufstauung des Flusses entstandene, künstliche Lago Gatún und der Kanal, der den See kreuzt. Die ehemaligen Hügelkuppen sind heute Inseln. Aber der Kanal ist zwischen den Schleusen an Ein- und Ausfahrt größtenteils nicht befestigt. Hier begegnen sich Schifffahrt und wilde Natur. In Bäumen am Wasser tümmeln sich Affen, am Ufer brüten die gefährdeten Spitzkrokodile und unzählige weitere Arten von Säugetieren und Vögeln, Reptilien und Amphibien und vielem mehr sind überall zu sehen - wenn man sie in ihrer Tarnung entdeckt.
Die "Pipeline Road" führt auf einer Länge von 17,5 km durch den panamaischen Tieflandregenwald. Nahe am Kanal sollte die Servicestraße entlang einer Ölpipeline laufen. Doch die Pipeline wurde nie benutzt und die Straße nie fertiggestellt - heute endet sie irgendwo im Dschungel östlich des Lago Gatún. Entlang der bei Vogelbeobachtern beliebten Strecke sieht man noch an vielen Stellen die überwucherte Pipeline. Der menschliche Eingriff in den Regenwald ist nur noch am teilweise gerodeten Weg, den Rohren und einigen Holzbrücken sichtbar. Der Wald hat sich die "Pipeline Road" zurückgeholt.
Poolbesuch: Wer ein Haus weit draußen in der Natur baut, muss auch mit ungewöhnlicheren tierischen Gästen rechnen. Hier eine Mittelamerikanische Aga-Kröte - auch mehrere Leguanarten wohnen dort im "Garten".